ETG-Kongress 2019 Interview Bühring - Titelbild

Bei seinem Vortrag auf dem ETG-Kongress 2019 stellte Wolfgang Bühring die Aktivitäten seines Unternehmen und die Projektpartner in einem „Smart Community Project" vor.

| Felix I Offenblende.de
16.05.2019 Fachinformation

Neue technische Optionen erfordern neue regulatorische Rahmenbedingungen

Über einen zellularen Ansatz für Geschäftsmodelle mit intelligenten, energieeffizienten Gebäuden für den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien referierte Dipl.-Betriebswirt Wolfgang Bühring, Geschäftsführer der Stadtwerke Speyer (SWS). Bei dem im Expertenforum „Sektorenkopplung" angesiedelten Vortrag stellte er Aktivitäten seines Unternehmen und die Projektpartner in einem„»Smart Community Project" vor.

Wolfgang Bühring
Wolfgang Bühring

Ein zelluläres Ökosystem muss nach Einschätzung von W. Bühring dezentral, digital und dekarbonisierend wirken. Als Projektziele nannte er, den Eigenverbrauch zu erhöhen, neue Dienste für die Kunden der Versorgungsunternehmen und Verteilnetzbetreiber (DSO) zu erstellen und eine Verbesserung der Photovoltaik(PV)-Nutzung anzustreben.
Er schloss mit der Forderung: »Wenn wir das Beste aus den wachsenden zellularen Energiesystemen herausholen wollen, dann müssen wir die Vorschriften ändern und dynamische Tarife voranbringen!«

Die Redaktion sprach dazu mit W. Bühring und fragte eingangs: Was ist die Ausgangslage?

Bühring: Wir müssen die Erneuerbaren Energien, die produziert werden, in das System bringen. Wir müssen sie systemfähig und wir müssen sie versorgungsfähig machen. Dazu braucht es die entsprechenden Rahmenbedingungen. Die Rahmenbedingungen, die wir derzeit haben, stammen vom Ende der Neunziger Jahre. Diese sollten den Wettbewerb in Gang bringen und waren grundsätzlich erst einmal richtig – aber sie passen nicht mehr zu der weiter ansteigenden Erzeugung von Erneuerbaren Energien, die wir bisher nur gefördert haben. Wir müssen daraus sichere und preiswerte Versorgungssysteme machen, die die alten Versorgungssysteme ersetzen.

Sie hatten in Ihrem Vortrag als Beispiel die Speicher genannt, den ein Stadtwerk besitzen darf, aber ein Netzbetreiber nicht.

Bühring: Ein Netzbetreiber darf ihn nicht als Dienstleistung für den Kunden und das Netz nützlich betreiben – ein Netzbetreiber darf ihn nur dann besitzen, wenn er ihn ausschließlich netzdienlich einsetzt. Das ist zu wenig. Ein Speicher ist viel zu wertvoll, als dass er nur für einen Nutzen eingesetzt wird. Wir haben den verschiedenen Beispielen der Vorträge gesehen, dass ein Speicher im Sommer anders eingesetzt werden kann, als im Winter. Dass er für überschüssigen Windstrom im Winter sehr, sehr gut eingesetzt werden kann und im Sommer für Photovoltaik. Dass er auch netzdienlich eingesetzt werden kann. Dass er dem Netz zur Verfügung stehen kann, um eben Frequenzhaltung zu unterstützen oder Ausgleichsenergie bereit zu stellen.

Wer ist aufgefordert etwas zu unternehmen? Die Verbände VKU (Verband der kommunalen Unternehmen), BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V.) und VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V)?

Bühring: Aber letztendlich kann nur das Wirtschaftsministerium die passenden Rahmenbedingungen in Gesetzen und Verordnungen umgestalten. Es war schön zu hören, dass die gleichen Ansätze und Forderungen und auch Umsetzungen in praktische Beispiele einmal aus dem Umweltministerium kamen, einem Übertragungsnetzbetreiber – wie auch einem Stadtwerk wie unserem, als auch von den wissenschaftlichen Instituten wie KIT (Karlsruher Institut für Technologie) und ähnlichen. Alle Akteure müssen entsprechend der zusammenfassenden Forderung, die ich gerade gebracht habe, an das Bundeswirtschaftsministerium herantreten. Das Ministerium darf eben nicht nur auf die Regulierung in Bonn hören, die nach wie vor das tut, was sie Ende der Neunziger Jahre als Auftrag bekommen hat, sondern hier muss das Wirtschaftsministerium neue Rahmenbedingungen schaffen, neue Anreize und Fördermöglichkeiten schaffen für erneuerbare Energien im direkten Einsatz der Versorgung.